Blooming - Anti-Blooming


Blooming bezeichnet einen Effekt von CCD-Bildern, den Sie bestimmt schon häufig gesehen haben, nämlich "häßliche" senkrechte- oder waagerechte Streifen, die von hellen Sternen ausgehen. Das Blooming entsteht durch folgenden physikalischen Effekt.

Das einzelne Pixel ist, wenn es eine bestimmte Anzahl Photonen eingesammelt hat, "gesättigt", d.h. es kann keine Photonen mehr aufnehmen.

Die überzähligen, weiter einfallenden, Photonen "fliessen" auf die Nachbarpixel über. Abhängig von der Helligkeit des Sterns und der Belichtungszeit kann so ein Blooming Streifen über das ganze Bild laufen.


Der Effekt kann bei der Herstellung des Chips durch das Anbringen eines
"Anti Blooming Gates" zwischen den einzelnen Pixeln verhindert werden.
Dieses verhindert, dass die elektrischen Ladungen, die durch die Lichtphotonen entstehen, auf die Nachbarpixel überfließen.
Dieses Sperrgitter hat jedoch zwei entscheidende Nachteile:
  • es reduziert die Pixelgröße und damit auch die Empfindlichkeit des CCD-Chips und
  • der Zusammenhang zwischen einfallender Lichtmenge und Belichtungszeit ist nicht mehr linear

Folgende Graphik zeigt den Vergleich der Quanteneffektivität (Empfindlichkeit) des Kodak KAF - 1602E, der in der ST8 - XE verwendet wird. Die blaue Kurve ist die ohne Anti-Blooming Gate, die rote Kurve zeigt die Quanteneffektivität mit einem aufgebrachten Sperrgitter



So gibt es sogenannte ABG- (Anti-Blooming Gate) und Non ABG (ohne Anti-Blooming Gate) Kameras.

Man muß entscheiden, was man will. Sollen nur sogenannte "pretty pictures" aufgenommen werden und spielt die Empfindlichkeit des Aufnahmesystems keine große Rolle, kann eine ABG-Kamera gewählt werden.

Möchte man die Bilder hinterher eventuell einer Auswertung (z.B. Photometrie) unterziehen und man möchte höchste Empfindlichkeit, ist die Anschaffung einer Non ABG-Kamera sicher vorzuziehen.

Heutige Bildverarbeitungsprogramme sind durchaus in der Lage Bloomingstreifen aus den Bilder herauszurechnen, so dass es eigentlich keinen Grund gibt, Kameras in einer ABG-Version zu wählen (es sei denn die gewünschte Kamera gibt es nur in der ABG-Version, wie z.B. die SBIG ST-2000XM).


Folgendes Bild zeigt Testaufnahmen vom Nordamerikanebel, aufgenommen mit einer ST-10XME und einem 200mm Teleobjektiv durch ein Rotfilter (© W.Paech+D.Unbehaun), wo mit einer passenden Software die beiden Blooming Streifen herausgerechnet wurden.



Einen ähnlichen Effekt bekommt man bei Kameras, die ohne Verschluss geliefert werden. Hier wird ein solcher Streifen dadurch erzeugt, dass die Pixel weiterhin Lichtquanten aufnehmen, während das fertige Bild ausgelesen wird. Hier hilft ein vorgeschalteter mechanischer Verschluss, der kurz vor Ende der Belichtung manuell geschlossen wird.

Die SBIG Modelle ST-7XE und ST-8XE können wahlweise als ABG- oder Non AGB Version, die ST-237A und die ST-2000XM nur als ABG, die ST-9XE, ST-10XME und die ST-1001E nur als Non ABG geliefert werden. Bei der ST-5C läßt sich das ABG in Stufen durch die Software ein- bzw. ausschalten.

Hier noch ein "offizielles Statement" der Firma Baader Planetarium zum Anti Blooming Gate:

Durch eine Barriere zwischen den einzelnen Pixeln wird das Überlaufen von Elektronen verhindert. Diese Barriere verkleinert jedoch die lichtempfindliche Fläche eines jeden Pixels. Dadurch werden die Pixel unempfindlicher. bel den vorliegenden Chips um etwa 30%. Zusätzllch wurde mit der Verkleinerung der eigentlichen Pixelfläche die "Full-Well-Capacity" etwa halbiert. Dies beruht einfach darauf, dass In kleineren "Potentialtöpfen" weniger Elektronen Platz finden. Die "Full-Well-Capacity" Ist daher ungefähr proportional zur jeweiligen tatsächlichen Pixelgröße. Dies hat aber nicht direkt etwas mit der "digitalen Sättigung" zu tun. Während der AD-Wandler schon längst Maximalwerte liefert, müssen die zugehörigen Potentialtöpfe (Pixel) noch lange nicht in der physikalischen Sättigung sein. So tritt bei einer ST-7 Kamera ohne Anti-Blooming Struktur nach eigenen Messungen das Überlaufen erst ab einer ca. 4O-fachen Überschreitung des digitalen Maximalwertes auf. Die kleineren Potentialtöpfe eines Chips mit Anti-Bloomlng Struktur würden aufgrund der niedrigen "Full-Well-Capacity" schon viel früher auslaufen - dies wird aber durch die physikalische Struktur erfolgreich verhindert.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei einem Chip mit Anti-Blooming Struktur der ca. 30%-ige Empfindlichkeitsverlust durch entsprechend längere Belichtungszeit kompensierbar ist, die Maximalbelichtungszeit wird kaum beeinflusst. Allerdings wird im Gegensatz zu einem Chip mit durchgehend Iichtempfindllcher Fläche nicht die gesamte Bildfläche abgetastet, fällt ein BIlddetail gerade auf die Anti-Blooming Struktur, so geht es verloren. Im Normalfall Ist ein Chip ohne Anti-Blooming Struktur immer vorzuziehen, da die eben besprochenen Vorteile In den meisten Fällen überwiegen. Dies gilt Insbesondere für Planeten-, Mond- Sonnen- und terrestrische Aufnahmen. Der dort vorkommende Dynamikbereich bei angepassten Belichtungszeiten liegt weit unter der Überlaufschwelle. Allein bei den extrem hoch übersättigten, nahezu punktuellen Abbildungen von hellen Sternen kommt es zum Überlaufen - bei praktisch jeder anderen Art von Fotografie werden niemals solche Helligkeitsdifferenzen erreicht. Geht es daher In der Anwendung nicht um eine Bildauswertung Im wissenschaftlichen Sinn, oder um die Aufnahme von Objekten mit nicht zu hohem Dynamikbereich, sondern nur um eine möglichst ästhetische Darstellung von Sternfeldaufnahmen, so ist die Anti-Blooming Struktur von Vorteil. Zwar kann durch Überlagern von mehreren Einzelbildern mit gerade noch nicht auslaufenden Sternen der Effekt verhindert werden - mit der "Track-and-Accumulate"-Funktion lässt sich dies einfach realisieren. Dadurch treten allerdings die bekannten negativen Erscheinungen bei Kurzzeitbelichtungen in Erscheinung (nicht perfekte Deckung bei der Summierung, erhöhter Rauschanteil, zusätzliche Auslesezeiten). Zudem kann bei besonders hellen Sternen auch diese Technik versagen, die Zahl der Einzelbilder geht dann gegen Unendlich bei gleichzeitig gegen Null gehender Signalinformation des eigentlichen Aufnahmeobjekts im Einzelbild. Die "Track-and-Accumulate" Funktion hat ihre eigentliche Anwendung bei nicht exakt nachgeführten Teleskopen, die bekannten Nachteile werden dabei von der nicht mehr erforderlichen Teleskopnachführungskorrektur aufgewogen.

Aufgrund der positiven Bildergebnisse - auch von unerfahrenen "Neulingen" der CCD-Technik - empfehlen wir weiterhin, Kameras ohne Antiblooming-Struktur zu wählenl Bereits mehrfach haben wir es erlebt, .dass mit wachsenden Kenntnissen die meisten Anwender sogar Kameras mit "Anti-Blooming" wieder umtauschen möchten - insbesondere, wenn emsthafte Messungen in's Spiel kommen.

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